Früher war alles besser!? – Wie ich beim Radfahren meinen Glauben an Gott verlor.

Ich bin ein Muss. Das heißt, meine Eltern mussten heiraten. Die Pralinenhochzeit fand im Mai 1954 in Raalte statt und ich wurde im Dezember geboren. Zu dieser Zeit war es eine Schande, aber ich war und bin glücklich damit. Mein Vater stammte aus einer reformierten sozialistischen Familie und in Niederländisch-Ostindien hatte meine Mutter von den Nonnen den Glauben erhalten. Letzteres war der entscheidende Faktor: Es wurde vereinbart, dass ich eine gründliche römisch-katholische Erziehung erhalten würde, die einige Tage später von den kalten Wasser bestätigt wurde, die ich in der „Kirche der Kreuzerhöhung“ – der „Taufe“ – über den Kopf bekam. 1959 zogen wir kurz nach der Geburt meines Bruders nach Enschede: Mein Vater wurde Flugzeugmechaniker auf der Twente Flughafen.

 Kardinaal De Jong Schule

Als Familie eines Berufssoldaten bekamen wir eine brandneue Wohnung in der Rembrandtlaan 149. Und da begann das Elend: Ich ging nicht gleich um die Ecke in die öffentliche Rembrandt-Schule, sondern musste ein paar Kilometer entfernt zum katholischen Kardinal de Jongschule. Für ein Kind von sechs Jahren war es ein langer Weg. Unterwegs kam ich an der St. Michaelskirche vorbei, wo ich ein weiteres Jahr lang auch als Diener tätig war – bis einschließlich der Altarfahrt. Im Alter von neun Jahren wollte ich Fußball spielen und es wurde von meiner mutter nach langem jammern erlaubt, aber dann in einem katholischen Fußballverein! Nicht im nahe gelegenen Rigtersbleek, sondern im RK VOSTA – auf der anderen Seite der Stadt. Und da bin ich als kleiner Junge mit dem Fahrrad gefahren: über die Bruggertstraat, den Parkweg (entlang der jüdischen Metzgerei), die Molenstraat, die St. Jozefkirche und die Minkmaatstraat zur tief gelegenen Scheurserve. Ich war schon vor dem Training oder dem Spiel schweißnass! Aber es wurde schlimmer: Der CITO-Test zeigte, dass ich zu HBS Realschule gehen konnte. Und natürlich nicht zum Ichthus Lyceum an der Ecke unserer Straße, die ketzerischen Protestanten gingen dorthin! Die katholische Eliteschule in Enschede war das Jacobus-College, das sich – Sie haben es erraten – auf der anderen Seite der Stadt befand. Und da bin ich wieder mit dem Fahrrad gefahren (für meine Kinder: ohne Elektroantrieb und mit einem Dynamo, der wenig Licht gab, aber das Radfahren schwerer machte): über die B.W. ter Kuilestraat, die Haaksbergerstraat, das Gertfertsingel (und über die Gertfertbrücke!), Varvik- und Hogelandsingel, biegent am Arienskerk in Richtung der Schule des Pfarrer Direktors Tops ab. An zwei Tagen in der Woche ging ich um halb acht morgens in die Schule, kam gegen fünf Uhr nach Hause, um nach dem Abendessen wieder auf mein Fahrrad zu steigen und zu trainieren. Das bedeutete, fast drei Stunden am Tag auf einem Fahrrad zu sitzen und das alles durch und für ‘unser süßer kleiner Herr’, wie meine Mutter ‘Ihm’ liebevoll nannte.

 Gertfertbrücke

Als Kind habe ich natürlich an Gott geglaubt. 90 Prozent von Gottes Glauben bestehen aus Belehrung und ich war ein guter Junge; Ich wollte meine Mutter nicht verletzen. Aber während dieser langen Reisen durch Wetter und Wind begannen die begründeten Zweifel, die mein Vater hinter dem Rücken meiner Mutter zum Ausdruck brachte, allmählich Einzug zu halten. So weit radeln und das durch eine unglaubliche zweitausendjährige Geschichte! Mit sechzehn Jahren endeten diese langen Radtouren, als ich nach der Scheidung meiner Eltern nach Oldenzaal zog. Ich bin als Atheist angekommen, das verstehen Sie, jedoch. Und meine Mutter? Meine Mutter hat durch Feminismus und Skandale längst ihren katholischen Glauben verloren. Und wenn ich anfange, über diese langen Radtouren zu sprechen, sagt sie: „Aber es hat dich nichts schlimmes gebracht“. Ach, vielleicht hast du recht, Mutti.

 Jacobus College

P.S.: Für die Übersetzung dieses Stückes ins Deutsche habe ich Manfred gefragt, was die Übersetzung von ‘ein Muss’ ist. Er appte zurück: ‘Es gibt eine witzige Umschreibung: ‘Er hat eine gefüllte Praline geheiratet. Es war also eine Pralinenhochzeit’ So gehe ich eigentlich als leckere Bon-Bon-Füllung durchs Leben! (Bitte diesmal keine Kommentare!)