Zunächst muss ich zwei wichtige Menschen in meinem Leben enttäuschen. Zum einen B., mit dem ich im Juli 1976 vor dem Altar des Franziskanerklosters in Oldenzaal stand, und zum anderen meinen lieben Claude, den ich im August 2017 im Schloss Bentheim geheiratet habe. Nein, und nicht die Geburt meiner 6 Kinder ist förderfähig: Der glücklichste Moment meines Lebens war am 2. Mai 2010, dem Tag, an dem Fc Twente Meister der Niederlande wurde.
Am 22. August 1965 sitze ich als 10-jähriger Junge mit meinem Vater auf dem harten Beton der Sektion H im Diekman-Stadion. Das allererste Spiel von Fc Twente in der erste Liga endet an diesem sonnigen Tag mit 1: 1. Einige Spieler, kannte ich bereits von den Enschede Boys, aber Spieler mit exotischen Namen wie Ned Bulatovic, Heinz Höher und Spitz Kohn haben es ein bisschen spezieller gemacht. Mein Vater, ein Berufssoldat auf dem Flugplatz Twente, hat seit seinem Umzug von Deventer nach Enschede regelmäßig sich Spiele von Sportclub und in die Boys angekuckt. Er hat sogar Helmut Rahn Fußball spielen sehen!
Im Laufe der Jahre bin ich ein echter Schlachtenbummler von Fc Twente geworden. Unvergesslich ist der 5:1-Sieg gegen Ajax im November 1968 in einem nebligen Diekman: Dick van Dijk, der den Ball mit der Brust fängt und in die rechte Ecke schießt; Theo Pahlplatz, der wie ein Messer durch Amsterdamer Butter schneidet und punktet. Beim Fc Twente habe ich auch gelernt, wie man mit Verlusten umgeht: 1971 haben wir bei der Verlängerung von Juventus im UEFA-Pokal verloren – ‘Hiha Halle’ war auf den Bannern. Und natürlich der KNVB-Pokal in 2001, den wir bereits im Elfmeterschießen in de Kuip verloren hatten, der aber auf wundersame Weise von Boschker zurückerobert wurde.
Aber dann eines Tages: Sonntag, 2. Mai 2010. An diesem nieseligen Sonntagnachmittag sitzt ganz Twente vor dem Fernseher. Meine Töchter Lies und Fleur und Sohn Tom sitzen mit Freunden auf dem Boden im Wohnzimmer in Oldenzaal. Die Erwachsenen auf der Couch und lose Stühle dahinter. Würde es trotzdem passieren? Mein Sohn Cas, der ein Jahr zuvor gestorben war, hatte bereits vorhergesagt: “Papa, glaub mir, sie werden nächstes Jahr Meister!” 22. Minute: Rote Karte NAC. Schnelle Wiederaufnahme von Janssen auf Ruiz: Tor! Ganz Twente explodiert. Erst nach dem 2:0 von Stoch ist mir klar: Wir sind wirklich Meister der Niederlande. Nach dem letzten Pfiff in der Stadt: Rund um den großen Stein am Groote Markt umarme ich Unbekannte. Wenn ich spät nachts nach Hause komme, kann ich nicht genug von den TV-Ost-Fernsehbilder bekommen. All die Leute auf der A1, die auf den roten Meisterbus warteten, ikonische Bilder.
Anno 2020: Fc Twente steht in der rechten Reihe der 1. Liga. Wir haben Jahreskarten, weil ‘in schlechten Tieden moj d’r ok bie wen’. Diesen Samstag steigen wir wieder auf unser Fahrrad und fahren von Bad Bentheim über das Kloster Bardel zu Enschede. Zu Fc Groningen mit Claude: Sie schaut nie Fußball, aber sie geht gern zur Grolsch Veste. Und zum Schluss: Sag nichts negatives über Joop Munsterman. Ist Geldmanipulation nur für die Blasenbacken von Ajax, Feyenoord und PSV reserviert? Und ist es fair, dass Ölsheiks Milliarden in ihr Spielzeug pumpen? Nein, Hände weg von Joop: Er gab mir den glücklichsten Moment meines Lebens.